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Fünf Faktoren für ein gutes selbstgebrautes Lager

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Bernd Strehl
Bernd Strehl

Als ich 2018 mit dem Brauen angefangen habe, habe ich einen Satz immer wieder gehört: 'Lager brauen ist schwer, überlass das den erfahrenen Brauern'. Das ist es nicht und muss es auch nicht sein. Dieser Beitrag fasst meine Erfahrungen nach über 100 gebrauten Lagerbieren in die fünf Faktoren, die ich als am wichtigsten erachte, zusammen. Dieser Beitrag ist, wie es die meisten auf diesem Blog sein werden, hauptsächlich meine Meinung. Ich versuche jedoch das zu repräsentieren, was ich nach meinen Recherchen für Konsens in der (Hobby-)Brauer Community halte. Falls es sich mal nicht um Konsens halten sollte, beruht das meistens auf neueren Studien zu dem entsprechenden Thema. Ich bin immer dafür offen mit Fakten widerlegt zu werden.

Am Ende des Artikles kannst du eine zusammengefasste Checkliste finden.

Inhalt

Faktor 1: Kontrollierte Gärung
Faktor 2: Hefe
Faktor 3: Sauber arbeiten und Sauerstoffeintrag
Faktor 4: Chemie des Wassers
Factor 5: Ausgewogene Rezepte
Addendum: Was bisher nicht vorkam

Faktor 1: Kontrollierte Gärung

Konstante Gärtemperatur

Der wichtigste Faktor, um ein vernünftiges Lager zu brauen, ist für eine konstante Gärtemperatur zu sorgen. Wenn das Bier in der Garage gärt und sich die Temperatur über Tag und Nacht massiv verändert, wird wahrscheinlich die Hefe gestresst sein und ein suboptimales Bier hervorbringen. Dafür sollte man sich einen Platz mit konstanter Temperatur suchen. Idealerweise handelt es sich hierbei um eine Gärkammer. Die einfachste und häufigste Form davon ist ein Kühlschrank, oder eine Gefriertruhe mit externer Temperatursteuerung. Einer neuer, kleiner Kühlschrank, in den ein 30l Plastik Gärbehälter passt, kostet um die 150 Euro und bietet wahrscheinlich das beste Preis- Leistungsverhältnis. Dazu benötigt man nur noch eine externe Temperatursteuerung (z.B. Inkbird) die nochmal mit etwa 50 Euro zu Buche schlägt. Mit einer solchen Gärkammer kann man sicher stellen, dass die Temperatur sehr konstant bleibt, selbst wenn die Temperatur durch die Gärung selber steigt. Durch die Kühlung hat man außerdem die Möglichkeit sein Bier zu cold crashen.

Gärkühlschrank Beispiel eines Gärkühlschranks. Zwei Kühlschränke, die mit einer externen Temperatursteuerung gesteuert werden. (Foto von Tommy Rölfs, der auch mit Plastikeimern sehr gute Biere macht.)

Temperatur

Ebenso wichtig wie die stabile Gärtemperatur, ist die Temperatur selber. Lagerbiere werden normalerweise kalt vergoren, da die Hefestämme dafür gezüchtet und konditioniert wurden optimal unter niedrigeren Temperaturen zu arbeiten. Die niedrigere Temperatur ist der Hauptgrund warum Lagerhefen als "neutral" gelten. Meine normale Gärtemperatur liegt bei 9-10°C. Kaum ein Thema wie, ob die niedrige Gärtemperatur wirklich so wichtig ist, oder, ob auch 12°C, 14°C, oder sogar 20°C zu einem guten Bier führen, wird in der Hobbybrauer Community mehr diskutiert. Ich glaube es macht einen Unterschied, aber das "warum" zu erklären verdient wahrscheinlich seinen eigenen Beitrag. Die drei besten Lagerbiere (kommerziell gebraut in Franken), die ich bisher getrunken habe, hatten alle gemeinsam, dass sie sehr kalt vergoren wurden (7-9°C)./ Man braucht keine sehr kalte Gärtemperatur um ein gutes Lager zu machen, aber alle exzellenten Lager, die ich probieren durfte, wurden kalt vergoren./ Nachdem das gesagt wurde: Ich würde eine Gärtemperatur von 10°C empfehlen, wenn genug Hefe vorhanden ist (siehe nächster Faktor). Wenn etwas bei der Hefe gespart werden soll sind 12°C auch in Ordnung.

Würze kühlen

Dieser Unterpunkt hat genau genommen nicht so viel mit dem Faktor zu tun, aber ich wollte ihn nicht unerwähnt lassen. Die Würze sollte aktiv gekühlt werden. Das geschieht normalerweise durch direkten Kontakt der Würze mit einem Wärmetauscher. Die gängigen Optionen sind Eintauchkühler (am einfachsten), Gegenstromkühler und Plattenkühler. Den Eimer mit heißer Würze in den Kühlschrank zu stellen ist nicht ausreichend. Im idealen Fall hat man sehr kaltes Grundwasser (oder eine andere Art kaltes Wasser durch den Kühler zu pumpen), sodass man die Würze direkt auf Anstelltemperatur kühlen kann, was bei mir normalerweise die Gärtemperatur ist. Wenn man mit dem Grundwasser nur auf 18°C kommt, muss der Kühlschrank die restlichen Grad runterkühlen, aber das sollte in Ordnung sein. Die Hefe sollte bereit stehen sobald die Würze die Anstelltemperatur erreicht. Erst die Hefe zuzugeben und dann weiter runter zu kühlen ist nicht empfohlen, da die Hefe gestresst wird.

Ein normaler Gärverlauf

Bei einem durchschnittlichen Lager gebe ich die Hefe bei 9-10°C hinzu. Nach spätestens 24 Stunden sollte es die ersten Anzeichen von Aktivität geben. Bei mir ist das meistens ein langsames blubbern des Blow-Off Schlauchs (das ist aber nur ein guter Indikator wenn CO2 nirgendwo anders entweichen kann). Die Temperatur halte ich bis etwa 50% der Gärung durch ist (Wenn das Bier von 12,5°P auf 2,5°P vergären soll, dann sind 50% bei 7,5°P und nicht bei der halben Stammwürze). Ab dann lasse ich das Bier von alleine auf 12°C kommen und einen Tag später auf 14°C. Wenn die Gärung langsamer wird und kurz vor dem Ende ist, lasse ich die Temperatur auf 18°C kommen und lasse es für 3-4 Tage so stehen. Danach gibt es einen Cold Crash.

Ich kann meine Gärung mit einem Tilt überwachen. Es hat ein paar Eigenarten, aber generell ist es ein guter Indikator für den Gärstatus. Es ist nicht einfach den exakten Status der Gärung zu kennen, aber mit der Zeit lernt man wie lange eine Gärung ungefähr dauern sollte. Bei mir dauert sie in der Regel 6-10 Tage bei Biere mit normaler Stärke. Nach 4 oder 5 Tagen sollte also ein guter Zeitpunkt sein, um mit der Temperatur auf 14°C zu gehen, und sobald es im Gärspund weniger blubbert kann man dann auf 18°C gehen.

Untenstehend ist der Verlauf einer solchen Gärung zu sehen. Exemplarischer Gärverlauf *Die Temperatur weicht am Anfang und Ende der Gärung etwas ab, da sich ein Teil der Würze über dem Kühlring meines Gärbehälters befindet und dadurch, dass die kalte Würze nach unten fällt, bildet sich oben, dort wo das Tilt die Temperatur misst, eine etwas wärmere Schicht. Sobald die Gärung Fahrt aufnimmt vermischt sich die Würze und die Temperatur wird akkurat angezeigt und wenn sie endet, bildet sich wieder eine Schicht. *

Faktor 2: Hefe

Der andere wichtige Teil der Gärung ist gesunde und vitale Hefe. Für ein Lagerbier braucht man mehr Hefe als für ein Obergäriges - ungefähr die doppelte Menge. Die Standard Anstellrate liegt bei 1,5 Milliarden Zellen pro Grad Plato und Liter Würze. Für ein Standard 23 Liter Hobbybrauer Lager mit 12°P sind das also 414 Milliarden Hefezellen.

Flüssighefe & Starter

Wenn man mit Flüssighefe arbeitet kommt man normalerweise nicht darum herum einen Starter zu machen, um genug Zellen zu haben. Es gibt jede Menge Starter-Rechner im Internet, zum Beispiel den von brewersfriend.com. Starter sollten auf einem Magnetrührer gerührt werden. Für relativ wenig Geld kann man sich aus einem PC-Lüfter selber einen bauen, wenn man nicht zwei linke Hände hat (so wie ich). Bei älterer Hefe (gegebenenfalls sogar über dem Mindesthaltbarkeitsdatum) sollte man den Starter in zwei Stufen teilen. Für den ersten Schritt reichen 500 ml Würze und sobald der Starter Hochkräusen zeigt, kann die restliche Würze hinzugegeben werden. Abhängig vom Alter und Vitalität der Hefe kann es 12-48 Stunden dauern bis die Hochkräusen erreicht sind. Bei älteren Hefen sieht man oftmals gar keine starke Aktivität, jedoch sollte man sehen, dass die Würze heller und milchiger wird und während der Gärung sollten einige Blasen an der Oberfläche zu sehen sein.
Nun ist die Frage, ob der Starter dekantiert werden sollte oder nicht. Wenn mit dem Starter, ohne zu dekantieren, angestellt werden soll, würde ich versuchen den Starter so zu timen, dass er während der Hochkräusen gepitcht wird. Dies hat den Vorteil, dass die Hefe deutlich vitaler ist und daher kommt man wahrscheinlich auch mit etwas weniger Zellen aus. Den Zeitpunkt mit dem Brautag abzupassen ist aber nicht immer so einfach.
Meine präferierte Methode ist es den Starter vorher zu dekantieren, um die Würze nicht mit wahrscheinlich oxidierter Würze zu verdünnen. Dazu mache ich den Starter etwas größer und lasse ihn für ca. 3 Tage im Kühlschrank cold crashen und gieße danach so viel ab wie möglich, ohne zu viel sedimentierte Hefe abzugießen.
Als Starterwürze habe ich schon alles von Malzextrakt, über Maische in der Thermoskanne, bis hin zu alkoholfreiem Bier probiert. Meine Empfehlung ist es alkoholfreies Bier aus gestoppter Gärung mit einem Teelöffel Zucker und einer Prise Hefenahrung zu verwenden. Es ist kein Kochen und Abkühlen notwendig. Die Flaschen einfach vor dem Öffnen desinfizieren, dann das Bier entgasen (z.B. im Kolben auf dem Magnetrührer) und loslegen.
Wenn das Bier mit Flüssighefe angestellt wird, sollte die Würze vorher belüftet werden.

Trockenhefe

W-34/70 W-34/70: Die am weitesten vebreitete Lagerhefe der Welt. Sie ist das Resultat von mehreren Führungen des 34. Hefestamms im Kataolg von Weihenstephan im Jahre 1970 in einer Brauerei.

Mit Trockenhefe anstellen ist die einfachste Option. Alles was ich dazu sagen kann ist, dass die Empfehlungen der Hersteller befolgt werden sollten. Für eine Fermentis W-34/70 bedeutet das rehydrieren der Hefe, und für eine Lallemand Diamond Lager reicht einfaches aufstreuen auf die Würze. Für die allseits beliebte W-34/70 liegt die Anstellrate bei 1g/l bei 12°C (Der Test von Fermentis wurde soweit ich weiß mit einer Würze von 14°P gemacht, bei Bieren mit höherer Stammwürze braucht man mehr Hefe). Das entspricht bei einem normalen ~23 Liter Sud 2 Päckchen Hefe. Bei 9°C Anstell- und Gärtemperatur liegt die Anstellrate bereits bei 2g/l, also 4 Päckchen. Ich denke mit 3 Päckchen bei 10°C sollte man gut hinkommen.
Lallemand bietet einen eigenen Rechner für die Anstellrate an und empfihelt 3 Päckchen Hefe bei 12°C Anstelltemperatur und 12°P Stammwürze.
Wenn man geizig ist und weniger Hefe zur Verfügung hat, würde ich eher eine höhere Gärtemperatur empfehlen, als bei niedriger Temperatur mit zu wenig Hefe zu vergären.
Bei der Nutzung von Trockenhefe muss die Würze nicht belüftet werden.

Erntehefe

Erntehefe Etwa 500 ml frisch geerntete Hefe. Enthält Trub und Bier, aber jede Menge vitale Hefe.

Erntehefe ist mein Favorit. Sie ist günstig und vital. Wenn man mehrere Lager nacheinander braut, ist dies die ideale Wahl. Die Hefe sollte geerntet werden, wenn die Gärung des ersten Bieres abgeschlossen ist. Meine Gärbehälter haben einen Bodenablass für Hefe und wenn ich Hefe für den nächsten Sud entnehmen will warte ich bis die Gärung gerade so durch ist (umso vitaler desto besser), verwerfe die ersten ~200 ml und ernte dann circa 500 ml Mix aus Hefe, Trub und Bier. Meistens sieht das nicht sehr appetitlich aus und ist recht flüssig, aber das macht nichts. Mit der geernteten Hefe stelle ich dann sofort den nächsten Sud an. Da die Hefe so vital ist, reicht eine geringere Menge als normalerweise. Wenn ich mit Erntehefe anstelle gebe ich Hefenahrung zur Würze, ausserdem muss die Würze belüftet werden.
Falls kein Hefeablass am Gärbehälter vorhanden ist kann man die Hefe auch mit einer desinfizerten Kelle aus dem Gärbehälter löffeln, wenn das Bier abgefüllt wurde. Umso älter die Hefe ist, desto mehr wird benötigt. Die Erntehefe kann in einem desinfizierten Glas (Deckel nicht zu fest aufschrauben) im Kühlschrank gelagert werden. Bei einer Erntehefe, die älter als 2 Wochen ist, würde ich einen Starter machen. Hier wäre meine Empfehlung aber statt zu die Hefezu ernten, einen größeren Starter zu machen und 200-400 ml für den nächsten Starter in einem Schraubglas aufzubewahren, da man hier weniger Trub hat.

Faktor 3: Sauber arbeiten und Sauerstoffeintrag

Dieser Faktor ist nicht nur bei Lagerbieren wichtig, sondern auch bei allen anderen Bieren. Die Brauanlage und alles was dazu gehört sollten sauber sein. Alles was die Würze nach dem Herunterkühlen berührt sollte desinfiziert werden. Man braucht kein ausuferndes Reinigungsritual, aber man sollte sich schon sicher sein, dass man nicht ungewollte Hefen/Bakterien ins Bier befördert. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass alles in Schläuchen und an schwer zu erreichenden Stellen, mit besonderer Aufmerksamkeit gereinigt werden sollte. Steckverbinder und Kugelhähne sind besonders beliebte Stellen, an denen sich etwas verstecken kann. Die sauberen Sachen sollten eine Weile in einen Eimer voller StarSan gelegt werden, wenn man damit Bier berühren will.

Es ist außerdem sehr wichtig sicherzustellen, dass das fertige Bier nicht in Kontakt mit Sauerstoff kommt. Oxidation is der sichere Tod für alle was an einem Bier gut schmeckt. Ein oxidiertes Bier muss nicht unbedingt wie Pappe schmecken, der Geschmack wird oft einfach nur leblos. Das Bier hätte malziger sein können. Das Bier hätte einen ausgeprägteren Hopfengeschmack haben können.
Wenn das Bier direkt zur Flaschengärung in Flaschen abgefüllt wird, sollte ein Abfüllröhrchen verwendet werden. Diese Dinger sind extrem günstig und sorgen dafür, dass nicht unnötig viel Sauerstoff in die Flaschen gelangt. Der Zucker für die Nachgärung sollte direkt in die Flaschen vorgelegt werden und nicht in das Bier gerührt werden. Das Bier sollte auch nicht in einen extra Eimer zur Abfüllung umgefüllt werden.
Falls das Bier gekegged wird sollte das Fass vorher sauber gemacht werden, dann bis zum Deckel mit Wasser gefüllt werden, und mit CO2 leer gedrückt werden. Dazu eignet sich die bei der Gärung produzierte Kohlensäure, das funktioniert auch mit nicht druckstabilen Gärbehältern. Um das Bier in das Keg zu füllen (geschlossener Transfer), wird der Hahn vom Gärbehälter mit dem Bier-Anschluss des Kegs verbunden und der Deckel des Gärbehälters mit dem CO2-Anschluss des Kegs. Dazu muss der Gärbehälter höher als das Keg stehen.

Falls das Bier gecoldcrashed werden soll, würde ich empfehlen das nur zu tun, wenn der Gärbehälter am Deckel geschlossen werden kann und CO2 aus der Gasflasche zugeführt werden kann, oder viel mit CO2 gefüllter Kopfraum vorhanden ist. Andernfalls wird unweigerlich Sauerstoff in den Gärbehälter gesogen. CO2 bildet keine schützende Schicht über dem Bier, zumindest nicht für einen längeren Zeitraum. Falls das nicht möglich ist, würde ich den Cold Crash überspringen und das Bier im Keg oder in der Flasche kalt stellen. Auch so sollte das Bier halbwegs klar werden.

Faktor 4: Chemie des Wassers

Bei diesem Thema kommt es sehr stark auf das Quellwasser an. Es ist durchaus möglich gute Lagerbiere mit Wasser aus dem Wasserhahn zu brauen. Klarheit verschafft aber nur der Bericht über die Zusammensetzung des Wassers vom Versorger, der normalerweise auf der Website gefunden werden kann. Wenn das Wasser nicht zu hart ist und keine der Ionen übermäßig viel vorhanden ist, kann man damit wahrscheinlich ohne Verdünnung Lager brauen. Wenn das Wasser viele Ionen hat und hart ist muss man erst einmal die Härte und die Ionen reduzieren. Das kann entweder durch Verschnitt mit gekauftem Wasser (destilliert) passieren oder durch Umkehrosmose, oder einen Mischbettvollentsalzer.

Das Thema Wasseraufbereitung komplett zu verstehen ist umfangreich und kompliziert, dazu wird es wahrscheinlich einen eigenen Beitrag geben. Generell würde ich empfehlen die Berechnungen von einer Brausoftware durchführen zu lassen. In Brewfather kann man sein Versorger-Wasserprofil und Ziel-Profile eingeben (Bei Fragen in die Brewfather Dokumentation schauen). Für die meisten Lager (goldene bis Bernstein Farbe mit etwas Hopfencharakter) liegt mein Profil bei 40-80ppm Chlorid und 80-120ppm Sulfat mit weichem bis mittelhartem Wasser.

Im Normalfall sollte man sein Brauwasser mit Calciumchlorid (Calcium + Chlorid), Braugips (Calcium + Sulfat) und einer Säure (Sauermalz oder Milchsäure) aufbereiten. Das Mineralprofil beeinflusst den Geschmack. Ein Bier mit viel Sulfat (z.B. 150ppm) wird wahrscheinlich kantiger und bitterer schmecken als mit wenig Sulfat (z.B. 20ppm). Der pH Wert der Maische ist essentiell, damit die Enzyme funktionieren können, die Extraktion von Tanninen verhindert wird und, um beim Kochen die Koagulation zu unterstützen.

Wasser Profile
Im obigen Beispiel sieht man mein Quellwasser, welches hart ist und sehr viel Sulfat enthält. Es eignet sich nicht wirklich um irgendein Lager damit zu brauen. Wenn ich das Wasser mit 60% destilliertem Wasser verschneide (Das ist in etwa äquivalent dazu die Leitfähigkeit des Wassers mit einem Mischbettvollentsalzer auf 60% der vorigen Wertes zu senken) erhalte ich mittelhartes Wasser und ein brauchbares Mineralprofil, um darauf aufzubauen. Der Maische pH-Wert sollte im Bereich 5,2 bis 5,6 liegen. Ohne das hinzufügen von Salzen und Milchsäure ist meine Maische außerhalbe dieses Bereichs, daher füge ich Salze (Minerale) hinz um mein gewünschtes Profil (60ppm Chlorid, 100ppm, Sulfat, >50ppm Calcium, niedrige Magnesium- und Natriumwerte) zu erhalten. Der Rest des pH Werts wird mit der Zugabe von Säure kompensiert, sodass ich in etwa in der Mitte des Bereichs lande.

Faktor 5: Ausgewogene Rezepte

Ich habe damals mit einem 5l Bier-Brau-Set angefangen und bereits bei meinem dritten Sud (23l auf einem Grainfather) habe ich mich an einem eigenem Rezept versucht. Als ich mir die Beschreibungen der verschiedenen Malze im Hobbybrauer Shop durchgelesen habe dachte ich mir: Das brauch, das auch, und das, und das, ..., was mit 8 verschiedenen Malzen im Bier endete. Das muss man nicht nachmachen. Einfach ist (oftmals) besser. Einige der besten Lagerbiere, die ich bisher gebraut habe, wurden mit sehr einfachen Schüttungen gebraut. Für den Anfang würde ich empfehlen sich auf 1-2 Basismalze und 1 Spezialmalz (optional) zu beschränken. Bei einem dunklen Lagerbier kann man auch 1-2 mehr Spezialmalze brauchen.

Beispiel Schüttung für ein einfaches Kellerbier

50% Pilsner Malz  (2.5kg)
50% Münchner Malz (2.5kg)
~15 EBC bei 12.9°P, 60% SHA, 23l


Das gleiche gilt für Hopfen. Ich beschränke mich meistens auf zwei Hopfen, manchmal einen dritten, falls ich einen extra Bitterhopfen brauche. Als Zeitpunkte für die Hopfengaben würde ich eine Gabe zur Bitterung, eine 10-Minuten Gabe und eine 0-Minuten Gabe oder einen kurzen Whirpool empfehlen.

Beispiel für Hopfengaben für ein einfaches Kellerbier

25g Perle (10% AA) 60 min   27 IBU
25g Perle (10% AA) 10 min   10 IBU
50g Perle (10% AA)  0 min   ~1 IBU
(23l)                       38 IBU


Es ist durchaus interessant die unterschiedlichen Geschmäcker von verschiedenen Hopfen zu erkunden. Bei den meisten Single-Hop Lagern hat mir nichts im Vergleich zu Bieren mit mehreren Hopfensorten gefehlt.

Ausgewogenheit ist der Schlüssel

Ein gutes Lagerbier hat eine ausgewogene Balance zwischen Bitterkeit, Hopfengeschmack, Malzigkeit und Körper. Wenn man 45 IBU bei einem schlanken Pils mit 100% Pilsner Malz versucht, ist dies wahrscheinlich nicht sehr ausgewogen, kann aber gewollt sein. Ein Kellerbier mit 15% hellem Karamellmalz könnte diese Bittere aber gut ausbalancieren. Ich bevorzuge meine Biere mit etwas mehr Bittere als durchschnittlich und meine Kellerbiere haben normalerweise 40-45 IBU. Letztens habe ich 20% Carahell bei einem Kellerbier ausprobiert, auch wenn viele Hobbybrauer gesagt haben "Das ist viel zu viel für ein Lager, das kann nicht süffig werden.". Das Bier war sehr süffig, es hat aber eben auch nicht so bitter geschmeckt wie man es bei 40+ IBU vielleicht erwarten würde. Jeder muss die perfekte Balance für seinen Geschmack finden. Niemand kann mich aufhalten ein Märzen mit 35 IBU zu brauen. In Franken habe ich einige Märzen probiert, die in etwa so viel Bitterkeit hatten und es hat wunderbar gepasst.
Man sollte nicht unbedingt 30% Karamellmalz mit einer Maischtemperatur verwenden, die unvergärbare Zucker bevorzugt, und dann das Bier dann nur auf 20 IBU bittern. Das wird sehr wahrscheinlich eine mastige, nicht sehr süffige Malzbombe.
Manche Leute mögen soetwas, aber ich glaube der Schlüssel zu einem guten Lager ist Süffigkeit.

Addendum: Was bisher nicht vorkam

Einige Faktoren wurden bisher nicht diskutiert. Einige dieser Dinge werden in einem Artikel vorkommen, der meine Meinung zum Unterschied zwischen guten und exzellenten Lagern widerspiegelt. Um Fragen zu vermeiden, möchte ich einige Faktoren noch kurz erwähnen:

2500 Euro Edelstahl Unitanks: Für eine gute Gärung braucht man keine high-end Gärbehälter.

3 Kessel HERMS Anlage: Sehr praktisch für konstante Ergebnisse, aber nicht notwendig, um gute Lagerbiere zu brauen.

Lagerzeit: Die besten Lager, die ich bisher gebraut habe, haben auch nach 2 Wochen schon besser geschmeckt, als andere gute die 6-8 Wochen gelagert wurden. Der Geschmack kann sich verändern und meistens ist es gut etwas Geduld mitzubringen und ein paar Wochen zu warten (Faustregel 1 Woche pro 2°P Stammwürze), aber das Bier ist fertig, wenn es gut schmeckt.

Klares Bier: Ich liebe den Anlbick von klaren Bieren. Hefe in der Schwebe kann den Geschmack verändern. Wenn das Bier eine vernünftige Gärung hinter sich hatte, sollte es nach ein paar Wochen nicht wie ein NEIPA aussehen. Ansonsten ist die Klarheit persönliche Geschmackssache.

Lagerung: Das Bier sollte dunkel und kalt aufbewahrt werden. Aber das gilt nicht nur für Lager.

Kochzeit: Nachdem ich vor einiger Zeit an einem Fehlaromen Seminar teilgenommen habe und niedrige Werte von DMS als normal wahrgenommen habe, bin ich von einer Kochzeit von 90 Minuten für helle Basismalze überzeugt. Quellen, die ich gelesen und gehört habe, zu dem Thema, ob das bei modern verarbeiteten Malzen nötig ist, waren nicht eindeutig.

Eiweißrast: Malze sind heutzutage ausreichend modifizert. Ich habe irgendwann aufgehört Eiweißrasten zu machen und der Schaum oder die Gärung wurden davon nicht negativ beeinflusst. Meine besten Biere bisher habe ich ohne Eiweißrast gebraut.

Alphasäure des Bitterhopfens: Die Herstellung von Alphasäureextrakt lässt das restliche vom Hopfenmaterial über. In einem Experiment waren Brauer in der Lage ein bitteres Bier aus den übrig gebliebenen Resten zu machen. Ich nutze meistens Hopfen mit niedriger und mittlere Alphasäure zum bittern und meine, dass es zu einer runderen Bittere führt. Bei einem Hopfen mit 8% AS würde ich keinen extra Bitterhopfen hinzufügen, bei Hopfen mit 4% AS würde ich etwas Hopfen mit hoher AS zum bittern mitbenutzen.

Klare Würze: Man muss nicht perfekt klare Würze in den Gärbehälter schlauchen, um klares Bier zu erhalten. Polyphenole und Hefe machen das Bier trüb und diese wird man so nicht aufhalten. Man sollte jedoch aufpassen nicht zuviel Grünmaterial des Hopfens mit in die Gärung zu überführen.

Zusammenfassung: Checkliste, um ein gutes Lager zu brauen

Angenommen es soll ein Standard ~11-13°P 23l Sud Lagerbier gebraut werden:

  • Temperaturgesteuerte Gärkammer (Kühlschrank).
  • Einfaches Rezept mit 2-3 Malzen und 1-2 Hopfen.
  • Vernünftig aufbereitetes Wasser, Salze um auf >50ppm Calcium, 40-80ppm Chlorid, 60-100ppm Sulfat zu kommen, sowie Säure, um auf 5.4 Maische pH zu kommen.
  • Die Würze nach dem Brauen zügig kühlen.
  • Sobald 10°C/12°C erreicht wurden mit 2 respektive 3 Tütchen rehydrierter Trockenhefe anstellen (W-34/70).
  • Nach 5 Tagen Gärung die Temperatur auf 14°C kommen lassen.
  • Wenn die Gärung nachlässt die Temperatur auf 18°C kommen lassen und für 4 Tage dort lassen, um der Hefe Zeit zu geben Diacetyl abzubauen.
  • Cold Crash wenn der Gärbehälter verschlossen werden kann und garantiert werden kann, dass kein Sauerstoff in das Bier gesogen wird.
  • In Flaschen abfüllen mit Abfüllröhrchen, oder in Keg mittels geschlossenem Transfer abfüllen.
  • Mindestens 2 Wochen kalt lagern (bei Flaschengärung vorher 2 Wochen bei Raumtemperatur). Mehr wenn man Geduld hat.
  • Das Lager genießen und mit mir teilen.

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